Der Stadthauptmann der Stadt Krakau. Bericht über die Lage am Wohnungsmarkt im Stadtgebiet Krakau.

I. Der Wohnungsmarkt vor dem Polenfeldzug

Vor Beginn der Polenfeldzugs vereinigte das Stadtgebiet Krakau auf einer Flache von nur 48,5 km2 rd. 230 000 Einwohner, darunter 60 000 Juden. Obwohl Krakau gegenüber der polnischen Landeshauptstadt Warschau sichtlich vernachlässigt wurde und demnach der stärkste Zustrom an Menschen sich nach dem „Paris des Ostens“ ergoß, hatte Krakau doch ein natürliches Bevölkerungswachstum zu verzeichnen, für welches der vorhandene Wohnraum auf Dauer nicht ausreichte. Auch an Nutzräumen für Geschäfte, Kanzleien, Fabriken usw. bestand ein empfindlicher Mangel, welcher sich in einer starken Steigerung der Mietpreise äußerte. Die Meinung des privaten Kapitals zu Neubauten war sehr gering, weil der polnische Hausbesitz durch Steuern und Abgaben außerordentlich stark belastet und daher wenig ertrag versprechend war.

Infolge des Wohnungsmangels versuchte die polnische Regierung durch Gesetze aus den Jahren 1933 und 1938 auf dem Wege über umfassende Steuervergünstigungen die private Bautätigkeit anzuregen. Insbesondere waren neuerrichtete Gebäude sowie angebaute Teile von der Liegenschaftssteuer und der Lokalsteuer auf die Dauer von 10 Jahren (bei Gebäuden mit Kleinwohnungen sogar von 15 Jahren) befreit.

Außerdem waren bei der Einkommensteuer gewisse Absetzungen am steuerpflichtigen Gewinn zugelassen. Bis zu einem gewissen Grade wurde durch diese Steuervergünstigen der Wohnungsmarkt auch belebt. Die große Zahl von Rohbauten, die nach dem Polenfeldzug in allen großen Städten anzutreten sind, ist ein Beweis herfür. Allein in der Stadt Krakau waren am Schluß des Jahres 1939 nach Feststellungen der Städt. Baupolizei 317 unvollendete Neubauten vorhanden. Die erwähnten Steuervergünstigungen sind jedoch durch Verordnung von 13.9.1940 mit Wirkung vom 1.1.1940 an aufgehoben worden.

Im Stadtgebiet Krakau sind vor dem Polenfeldzug 7 023 Wohngebäude mit 55 660 Wohnungen vorhanden gewesen, und zwar

17 365 Wohnungen mit 1 Raum

16 972 Wohnungen mit 2 Räumen,

11 972 Wohnungen mit 3 Räumen,

6 050 Wohnungen mit 4 Räumen,

2 452 Wohnungen mit 5 Räumen,

960 Wohnungen mit 6 Räumen,

512 Wohnungen mit mehr als 6 Räumen.

Baderäume sind in etwa 25 v.H. der Wohnungen vorhanden. Zentralheizung besitzen nur wenige Häuser. Es is bestimmt nicht unterschätzt, wenn wir höchstens 20% der vorhandenen Wohnungen als für deutsche Bedürfnis geeignet bezeichnen.

In Hotels und Pensionen standen in der Stadt Krakau insgesamt rd. 950 Betten zur Verfügung, darunter in Hotels 1. Klasse 354 Betten, in 12 Hotels und Pensionen 2. Klasse 550 Betten und in 2 Hotels 3. Klasse 50 Betten angesprochen werden (Hotel – übersicht siehe Anlage 1).

Fest steht jedenfalls, daß die Stadt Krakau schon unter polnischen Verwaltung einen Mangel an Wohn- und Nutzraum zu verzeichnen hatte, obwohl die Wohnungsansprüche der Bevölkerung im allgemeinen sehr bescheiden waren und selbst höhere Beamte zumeist nur 2-Zimmerwohnungen bewohnen.

II. Der Wohnungsmarkt bei Beendigung des Polenfeldzugs.

Unmittelbare Kriegseinwirkungen des Polenfeldzugs fügten dem Wohnungsmarkt keine besonderen Schaden zu, denn der Verstoß der der deutschen Wehrmacht brachte die Stadt bereits wenige Tage nach Kriegsbeginn nahezu unbeschädigt in deutschen Besitz. Die polnische Bevölkerung hatte keine Zeit und anscheinend auch keine besondere Lust, den Evaluierungsaufforderungen der polnischen Regierung in größerem Umfang Folge zu leisten. Der Ausfall der Bevölkerung durch Verluste an Toten, Vermißten und Gefangenen im Feldzug war für Krakau gering und brachte jedenfalls keine nennenswerte Erleichterung auf dem Wohnungsmarkt. Die geringe Anzahl von Flüchtlingen kehrte zumeist nach kurzer Zeit in die Heimatstadt zurück. Demgegenüber entstand durch den nunmehr einsetzenden Zustrom von polnischen Zivil- und Militärflüchtlingen sowie Evakuierten namentlich aus dem Gebiet des heutigen Warthegaus, aus Oberschlesien und aus dem in die ehemalige sowjetrussische Interessenzone fallenden Gebieten ein zusätzlicher umbedarf, welcher den bisherigen Wohnungsmangel bedeutend vergrößerte, umsomehr, als durch die Bedürfnisse der deutschen Wehrmacht und der sich einrichtenden deutschen Zivilverwaltungsstellen bereits jetzt vorhandener Wohnraumbedarf in Anspruch genommen werden mußte.

III. Entwicklung des Wohnungsmarkts unter deutscher Verwaltung.

Als mit der 1. Verordnung über den Aufbau der Verwaltung der besetzten polnischen Gebiet vom 26.10.1939 Krakau zum endgültigen Dienstsitz des Generalgouverneurs und damit zur Hauptstadt des Generalgouvernements erklärt wurde, bestand kein Zweifel darüber, daß die ausreichende Versorgung der deutschen Diensträumen neben der Ernährungsfrage zur größten Sorge der Stadtverwaltung anwachsen mußte. In der Tat war der Bestand an öffentlichen Gebäuden der ehemaligen polnischen Verwaltung, soweit er nicht von der Wehrmacht in Anspruch genommen war, rasch erschöpft. Der Anspruch an Wohnraum für deutsche Bedienstete konnte Ende 1939 und noch im wesentlichen im  Jahre 1940 gedeckt werden durch

a) Inanspruchnahme von herrenlosen Wohnungen.

b) Ausnützung von nur teilweise genutzten Wohnungen,

c) Maßnahmen zur Bereitstellung von Einzelzimmern für Deutsche in polnischen oder jüdischen Wohnungen, insbesondere aber

d) durch Räumung geeigneter jüdischer und polnischer Wohnungen, deren bisherige Inhaber noch anderweitig durch ein enges Zusammenrücken der polnischen und insbesondere der jüdischen Bevölkerung Platz finden konnten.

Der hohe Wohnungsstandard und damit die wesentlich höheren Wohnungsbedürfnisse insbesondere der Reichsdeutschen führten jedoch zusammen mit der Herabsetzung der Wohnungsmieten für Deutsche auf die halbe Vorkriegshöhe sehr rasch zu Verhältnissen, die einerseits eine zwangsweise Bewirtschaftung der Wohnräume als ein dringendes Erfordernis erscheinen ließen, anderseits jedoch bereits die Durchsetzung behördlicher Lenkungsmaßnahmen außerordentlich erschwerten.

Den schwersten Einbruch in eine geordnete Wohnungsversorgung verursachte aber der bedenkenlose Zugriff von Dienststellen und Unternehmen auf Wohnhäuser zur Deckung ihres Bedarfs an Diensträumen. Der angerichtete Schaden ist umso schwerwiegender, als gerade die schönsten Wohnhäuser mit dem größten Komfort und in bevorzugter Lage dabei zum Opfer fielen. Einrichtungen besonderer Wohnkultur wie Badezimmer, Küchen usw. liegen ungenutzt in diesen „Dienstgebäuden“ oder wurden rücksichtslos entfernt. Zu einem beachtlichen Teil dienen diese neu geschaffenen Dienstgebäude, die dem deutschen Wohnungsmarkt in Krakau entzogen wurden, auch als Arbeitsstätten für Polen. Bis zum 30.9.1941 gingen auf solche Art 1 658 Wohnungen verloren, davon 1 471 im deutschen Wohngebiet. Hierin sind nicht inbegriffen die Anforderungen der Wehrmacht für ausgesprochene Quertierzwecke. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch die Einrichtung von rd. 60 Kasinos deutscher Dienstellen, welche zu einem großen Teil ebenfalls in Wohngebäuden untergebracht wurden. Ein solcher Raubbau mußte bald zu einer Katastrophe führen und tatsächlich waren Anfang 1941 verfügbare Wohnungen oder auch nur einzelne Wohnräume weder für Deutsche noch für Polen vorhanden. Sofortmaßnahmen waren notwendig, um diese Krisenlage zu überwinden. Die Stadtverwaltung beschritt nunmehr folgende Wege:

a) Aussiedlung von Juden aus dem Stadtgebiet:

Die im Jahre 1940 eingeleitete Juden Aussiedlung wurde im ersten Vierteljahr 1941 erheblichem Umfang verstärkt und gleichseitig abgeschlossen, wodurch insgesamt etwa 60 000 Juden zur Aussiedlung gelangten. Durch diese einmalige und eine Unsumme von Verwaltungsarbeit verursachende Maßnahme wurden etwa 8 000 Wohnungen gewonnen, welche zum grossten Teil jedoch aus Kleinwohnungen bestanden und für Deutsche nicht geeignet waren. Doch wurde durch diese Maßnahme die Grundlage für eine Umsiedlung von Polen und damit für die praktische Durchführung des Planes eines deutschen Wohngebiets gelegt.

b) Bildung des Judenwohnbezirks:

Zur Unterbringung der vor der Aussiedlung aus besonderen Gründen ausgenommenen Juden wurde im Frühjahr 1941 der Judenwohnbezirk im Stadtteil Podgorze geschaffen. Rd. 12 000 Juden wurden im Februar und März 1940 im ummauerten Judenwohnbezirk untergebracht und auf verhältnismäßig engem Raum zusammengedrängt, wodurch in geringen Umfang weiterer Wohnraum freigeworden ist.

c) Schaffung des deutschen Wohngebiets:

Eine planvolle Wohnungspolitik für Deutsche wurde durch die Schaffung des deutschen Wohngebiets im Westen den Stadt Krakau eingeleitet. Das deutsche Wohngebiet gliedert sich in ein gemischtes Viertel (Geschäftsviertel), das vorläufig von Deutschen und Polen bewohnt werden kann, in den engeren deutschen Wohnbezirk, der ausschließlich Deutschen zur Unterbringung vorbehalten ist und in einen deutschen Siedlungsbezirk, welcher fur die spätere deutsche Siedlungsbewegung vorgesehen ist und derzeit auch von Deutschen un Polen bewohnt werden kann. Die durch die Schaffung des deutschen Wohngebiets bedingte Massenbewegung innerhalb der Stadt stellte an das Wohnungsamt ganz außerordentliche Anforderungen. Sie finden ihren Ausdruck in der sprunghaften Steigerung der Ansuchen um Wohnungszuweisungen, welche von ca. 3 000 im Jahre 1940 auf 23 800 bis zum 25.10.1941 anwuchsen. Im deutschen Wohnviertel befinden sich insgesamt 3 325 Wohnungen, wovon 320 Wohnungen für Hausbesorger abzurechnen und weitere 440 Wohnungen für Deutsche vollständig unbewohnbar sind. Bis heute sind im deutschen Wohnviertel 2 400 Wohnungen an Deutsche zugeteilt, wovon allein auf den Außenring 750 Wohnungen entfallen. Die Umsiedlung von Deutschen aus dem rein polnischen Gebiet ist bis heute noch nicht vollständig abgeschlossen. Die Aussiedlung der Polen aus dem engeren deutschen Wohngebiet wird mit Oktober d.J. beendet sein. Die Instandsetzung von Wohnungen im deutschen Wohngebiet ist mit Mitteln der Regierung bereits in Angriff genommen.

d) Zusätzliche Unterbringung der Juden aus den eingemeindeten Gebieten im Judenwohnbezirk.

Um weiteren Wohnraum für polnische Familien zu schaffen welche aus dem deutschen Wohngebiet ausgesiedelt werden, wurden seit September 1941 die in dem auf 1.6.1941 eingemeindeten Gebieten (Vororten) der Stadt Krakau wohnenden rd. 8 000 Juden ebenfalls im Judenwohnbezirk untergebracht. Die Umsiedlung dieser Juden steht vor dem Abschluß. Da es sich bei diesen Juden aus den eingemeindeten Gebieten im wesentlichen um Juden handelt, welche bei der ersten Aussiedlung aus Krakau entfernt wurden und welchen den Vororten zumeist nur Notquartiere bezogen hatten, kann aus dieser neuen Umsiedlungsaktion nicht allzuviel verfügbarer Wohnraum gewonnen werden (schätzungsweise 1 500 Kleinwohnungen mit 1-2 Zimmern).

e) Fertigstellung von Rohbauten.

In den eingangs erwähnten, bei Abschluß des Polenfeldzugs in Krakau vorhandenen 317 Rohbauten des Distrikts Krakau, die Stadt Krakau und private Bauwillige mit Unterstützung des Wohnbaufonds der Regierung 438 Wohnungen (für Deutsche und Polen) geschaffen. Weitere 614 Wohnungen werden in Rohbauten noch fertiggestellt werden.

f) Instandsetzung von Wohnungen

Mit städtischen und Regierungsmitteln wurde eine ganze Reihe von Wohnungen sowohl im deutschen als auch in polnischen Viertel instandgesetzt, um diese Wohnungen wieder für Deutsche oder für polnische Umsiedlungen aus dem deutschen Viertel bewohnbar zu machen und auch auf diese Weise der Wohnraumnot zu steuern. Die Gebäudeeigentümer wurden in diesen Fällen zu größten Teil an den entstandenen Kosten beteiligt. Bis heute wurden in deutschen Wohngebiet 75 Wohnungen instandgesetzt.

g) Wohnungseinrichtungen für Deutsche

Mit besonderem Arbeitsaufwand hat sich das Stad. Wohnungsamt seit seiner Errichtung der Beschaffung von Wohnungsausstattungen für Deutsche gewidmet. Zumachst wurde Ende 1939 und Anfang 1940 auf herrenlose Bestände innerhalb der Stadt zurückgegriffen. Als diese für die gestellten Anforderungen nicht mehr ausreichten, wurden durch Beschlagnahme von Judenvermögen in erheblichem Umfang Einrichtungsgegenstände beschafft und den Deutschen leihweise zur Verfügung gestellt. In welch außerordentlichem Umfang die Tätigkeit des Wohnungsamtes bei der Möbelbeschaffung erfolgreich gewesen ist, dürfte die für die nächste Zukunft geplant ausgedehnte Erfassungsaktion des Einziehung auf Grund der Beschlagnahmeverordnung unterliegenden jüdischen und herrenlosen beweglichen Vermögens aufzeigen. Nachdem auch diese Quelle zur Möbelbeschaffung im wesentlichen versiegt war, hat das Wohnungsamt aus städtischen Mitteln und aus Sondermitteln der Regierung neue Einrichtungen in größerem Umfang beschafft; sie dürften für die notwendigsten Bedürfnisse der Gefolgschaftsangehörigen deutscher Dienststellen in Krakau für längere Zeit ausreichen.

IV. Organisation des Wohnungsamtes

a) Organisatorischen Gliederung:

Leitung des Wohnungsamtes

Abt. I-V: Wohnungszuteilungen

Abt. VI: Zuteilung von möbl. Zimmern

Abt. VII: Zuteilung von Geschäftsräumen

Abt. VIII: Abt. für Mietstreitigkeiten

Abt. IX: Abt. für Mietfestsetzungen

Abt. X: Quertierverrechnungsstelle für die Wehrmacht

Abt. XI: Verbindung mit dem Möbelbeschaffungsamt

Abt. XII: Abt. für Hotelangelegenheiten

Abt. der Zentralkartei

Polnische Abteilung

Ukrainische Abteilung

Außendienst

Registratur

Kanzlei

Karteiausschreibung.

b) Möbelbeschaffung, Einrichtung eines besonderen Möbelbeschaffungsamtes:

Nachdem die Aufgaben des Wohnungsamtes immer weiter angewachsen waren und die bisherige Möbelabteilung des Wohnungsamtes aus Raummangel in ein besonderes Dienstgebäude verlegt werden mußte, wurde Anfang Oktober d.J. ein besonderes Möbelbeschaffungsamt errichtet, welchem neben der Beschaffung der für deutsche Gefolgschaftsangehörige von deutschen Dienststellen erforderlichen Ausstattungsgegenstände unter anderem auch die Erfassung und Verwaltung des der Einziehung unterliegenden beschlagnahmten beweglichen Vermögens von der Treuhandstelle des Distrikts als Sonderaufgabe übertragen wurde.

V. Vorschläge zur Behebung der Wohnraumnot

Seit dem Bestehen des Wohnungsamtes (1.Nov.1940) bis Ende September 1941 konnten von 20 000 Wohnungsgesuchen nur 17 000 und von 3 000 Anforderungen von Dienst- und Geschäftsräumen nur 2 100 in günstigem Sinne erledigt werden. Es waren somit zu diesem Zeitpunkt schon 3 000 Wohnungsgesuche und 900 Raumanforderungen sonstiger Art nicht mehr zu decken.

Die einfachste und zugleich beste Lösung zur Behebung der Wohnraumnot wäre natürlich der Bau von neuen Häusern und damit die Schaffung neuer Wohnungen. Diese Möglichkeit ist jedoch zunächst durch die allgemeine Bausperre ausgeschlossen. Als Sofortmaßnahmen müssen daher andere, wenn auch weniger befriedigende Wege beschritten werden, um den auf die Dauer unhaltbaren Zustand der augenblicklichen Wohnraumnot zu überwinden. Die nach dem Kriege zu erwartende Bautätigkeit wird im übrigen für die ersten Baujahre voraussichtlich für den zu diesem Zeitpunkt in starkem Umfang einsetzenden Umzug von Beamtenfamilien usw. aus dem Reich ausgeschluckt werden, so daß auch hiervon zunächst keine durchgreifende Besserung erwartet werden kann.

Umso mehr ist die Durchführung von Sofortmaßnahmen zur geeigneten Verteilung und Lenkung des Wohnraumbedarfs unvermeidlich. Die Stadt Krakau schlägt zur Behebung der augenblicklichen Krise nachfolgende Maßnahmen vor:

a) Beschränkung der Wohnraumansprache einzelner Gefolgschaftsmitglieder:

Es wird ein Erlaß der Regierung angeregt, wonach den deutschen Bediensteten bis auf weiteres nur der Anspruch auf je einen Wohnraum zusteht und jeder Wohnungsinhaber daher zur Aufnahme von Deutschen in seine Wohnung verpflichtet ist, wenn er das so festgelegte Maß der Wohnraumnutzung nicht erfüllt. Die Einweisung hätte durch Wohnungsamt zu erfolgen.

b) Einschränkung des Daueraufenthalts von Familienangehörigen.

Wohnraumgesuche von Familienangehörigen deutscher Gefolgschaftsmitglieder können grundsätzlich nicht befriedigt werden. Familienangehörige, welche keine Aufenthaltsgenehmigung der zuständigen Dienstellen des Generalgouvernements nachweisen können, müssen nötigenfalls mit Zwangsmitteln zur Rückkehr ins Reich angehalten werden, damit sie nicht den so dringend notwendigen Wohnraum für die hier beruflich tätigen Deutschen ungerechterweise für sich in Anspruch nehmen. Es hat sich als Notwendigkeit erwiesen, in dieser Richtung des öfteren Kontrollen durchzuführen. Die Stadtverwaltung wird künftig in strengster Form den Grundsatz zur Durchführung bringen, daß Familienangehörige nur dann Lebensmittelkarten oder Spinnstoffbezugscheine erhalten, wenn sie neben ausreichenden Legitimationspapieren die schriftliche Aufenthaltsgenehmigung wird verwiesen. Die Anordnung der Militärbefehlshabers im Generalgouvernement vom 24.9.1941, wonach allen Angehörigen und Angestellten der Wehrmacht in den besetzten Gebieten des Beschäftigung von Ehefrauen oder anderen Familienangehörigen als Angestellte in ihren Dienstellen und an demselben Dienstort sowie deren Unterbringung in demselben Ort verboten ist, verdient in diesem Zusammenhang besondere Beachtung.

c) Fertigstellung von Rohbauten und Instandsetzung von Wohnungen

Alle Rohbauten im deutschen Wohngebiet sollten ohne Rücksicht auf finanzwirtschaftliche Erwägungen fertiggestellt werden. Gleich gilt für die Instandsetzung oder den Umbau von Wohnungen in deutschen Wohnviertel, welche ohne diese Maßnahme nicht als Wohnungen für Deutsche zu gebrauchen sind.

d) Unterbindung der Umwandlung von Wohnräumen in Diensträume

Der Runderlaß des Herrn Staatssekretärs vom 22.8.1941 ordnete an, daß die Errichtung neuer oder die Vergrößerung bestehender Dienststellen ab sofort nur noch mit schriftlicher Genehmigung des Herrn Staatssekretärs erfolgen darf, wobei zuvor vom Stadt. Wohnungsamt die Unbedenklichkeit der Raumzuteilung zu prüfen ist. Strengste Einhaltung dieses Runderlasses muß von allen Dienstellen erwartet werden. Dieselben strengen Grundsätze werden übrigens vom Wohnungsamt auch für sämtliche Bürozuteilungen an Antragsteller aus der Privatwirtschaft durchgeführt.

e) Bereitstellung von Baracken für Diensträume

Zur Versorgung der Dienststellen mit Nutzräumen sollten als Übergangslösung Holzbaracken verwendet werden. Die Stadt hat bereits 50 fertige Dienstbaracken bestellt, wobei allerdings noch die erforderlichen Bezugsscheine für Holz und Eisen fehlen.

f) Errichtung von neuen Dienstgebäuden und Rückgewinnung von Wohnraum

Es wird angeregt, die bestehende Bausperre zum Zweck der Errichtung von Dienstgebäuden mit rd. 2 000 Diensträumen zu lockern, um dadurch die Dienstellen, welche im deutschen Wohnbezirk Wohnhäuser als Dienststellen, welche im deutschen Wohnbezirk Wohnhäuser als Dienstgebäude in Anspruch nehmen, zu veranlassen, diese Gebäude wieder für Wohnzwecke Deutscher freizustellen. Die Planungen zur Schaffung von Dienstgebäuden für Verwaltungsstellen (Regierungsviertel, Distriktsviertel, Erweiterung der Bergakademie) sind bereits so weit entwickelt, dass bei Lockerung der Bausperre sofort mit der Schaffung  geeigneter Dienstgebäude begonnen werden kann.

g) Ausnahmen von der Raumbewirtschaftung durch das Wohnungsamt

Durch die Verordnung über das Wohnungswesen vom 3.3.1941 wurde die ausschließliche Bewirtschaftung aller Wohn- und Nutzräume den zuständigen Kreis- bzw. Stadthauptleuten betragen. Eine Verlagerung der Raumbewirtschaftung and die Lokalbehörde, die diesen heiklen Fragen am nächsten steht, erwies sich als durchaus zweckmäßig. Leider ist diese Regelung sehr spät erfolgt, und zwar zu einem Zeitpunkt, als eine gewisse Form des Faustrechts schon schwere Schäden verursacht hatte. Bedenklich und dem Ziel der Verordnung zuwiderlaufend erscheint es aber, wenn die in § 8 der Verordnung eingeräumte Ausnahmebewilligung so gehabt wird, wie es in den beiden Erlassen der Hauptabteilung Arbeit vom 3.4. und 11.7.1941 geschehen ist. Darin wird für die Ostbahn, die Deutsche Post Osten und schließlich für alle Dienststellen in Generalgouvernement hinsichtlich der von diesen benutzten Räume die öffentliche Bewirtschaftung durch die Wohnungsämter ausgeschaltet, damit also der untragbare Zustand der schon geschilderten Ausschlachtung von besten Wohnhäusern zu Dienstzwecken überhaupt verankert. Es wurde bereits angeregt, eine geeignete Berichtigung durchzuführen.

h) Organisatorische Verbesserungen im Wohnungsamt

Um die besonderen Verhältnisse der augenblicklichen Krisenlage zu meistern, sind in den letzten Zeit organisatorische Verbesserungen im Wohnungsamt getroffen worden, welche augenblicklich noch weiter ausgebaut werden. So wurde u.a. das Zentralkataster (Zentralkartei) für Wohnungen eingerichtet, der Außendienst nach Bezirken eingeteilt und wesentlich verstärkt und neue deutsche Angestellte eingestellt. Infolgedessen wird auch die Überwachung der Meldevorschriften in erheblich erweitertem Umfang durchgeführt werde können. Zu den größeren Dienststellen in Krakau sind besondere Verbindungsstellen geschaffen worden. An deutsche Wohnungssuchende werden künftig besondere Merkblätter (Anlage 2) ausgegeben, welche sie über das Wissensnotwendigste unterrichten und mancherlei Leerlauf und Unannehmlichkeiten vermeiden helfen.

i) Besonderheiten aus dem Verfahren der Wohnungsbewirtschaftung:

aa) Soweit bisher Gebäude oder Wohnungen nicht einzelnen Deutschen, sondern deren Dienstellen zugewiesen wurden, haben diese Dienststellen künftig dem Wohnungsamt einzelne freiwerdende Wohnungen oder Zimmer nach den geltenden Anordnungen zu melden. Es ist festgestellt worden, daß einzelne Dienstellen die ihnen zugewiesenen Wohnräume Wochen- und Monatelang leerstehen ließen und auf einen Hinweis des Wohnungsamtes eine vorübergehende fiktive Belegung durchführten. Eine solche Vorratsbewirtschaftung durch Dienstellen kann in Zukunft nicht mehr geduldet werden. Wohnräume werden daher grundsätzlich nicht mehr an Dienstellen, sondern nur noch namentlich an ihre Gefolgschaftsangehörigen zugewiesen.

bb) Soweit uniformierte Einheiten oder Verbände noch in Wohngebäuden untergebracht sind, müssen für sie auf schleunigstem Wege Dienstbaracken errichtet werden, damit wieder kostbarer Wohnraum gewonnen werden kann.

cc) Beschlagnahmezettel und ähnliche Hinweise auf eine Beschlagnahme durch Dienstellen dürfen an Wohnungen oder Wohngebäuden nicht angebracht werden. Bereits angebrachte Hinweise sind zu entfernen. Zugelassen ist lediglich die Anbringung von Namen, Berufsbezeichnungen u.a.

dd) Auf § 5 der Verordnung über das Wohnungswesen wird besonders hingewiesen. Danach sind Beschwerden gegen Anordnungen des Wohnungsamts grundsätzlich schriftlich beim Stadthauptmann einzurichten. Die Einrichtung von Beschwerden bei anderen Dienststellen verzögert nur ihre Erledigung und hemmt den Geschäftsbetriebes Wohnungsamtes in einer Weise, daß sie künftig nicht mehr geduldet werden kann. Beschwerden kommt nach § 5 der Verordnung über das Wohnungswesen grundsätzlich keine auf-schiebende Wirkung zu.

ee) Zur geordneten Durchführung der Wohnungsbewirtschaftung ist es unerläßlich, daß sämtliche Wohnungsinhaber ihren Namen dem Hausmeister oder Hausverwalter melden. Es wird demnächst in einer öffentlichen Bekanntmachung auf diese Verpflichtung hingewiesen. Die Arbeit des Außendienstes wird außerordentlich stark dadurch beeinträchtigt, daß die Hausmeister häufig nicht die Namen und zahl der deutschen Wohnungsinhaber angegeben können und diese Wohnungsinhaber überdies den ganzen Tag von der Wohnung abwesend sind, so daß die Außendienstbeamten sie nicht persönlich antreffen können.

ff) Für die Verwaltung und Instandsetzung der den Deutsche leihweise überlassenen Möbel und sonstigen Einrichtungsgegenstände aus herrenlosem und jüdischen Besitz wird die Stadtverwaltung eine monatliche Anerkennungs- und Verwaltungsgebühr innerhalb eines Rahmen von 4-8 Zl. je Zimmereinrichtung und Monat erheben. Eine entsprechende Gebührenanordnung wurde bereits der Regierung mit dem Antrag auf Genehmigung vorgelegt.

k) Unterstützung des Wohnungsamts bei Durchführung seiner Aufgaben durch die öffentlichen Dienstellen

Außerordentliche Verhältnisse fordern außerordentliche Maßnahmen, wie sie in den vorgenannten Vorschlägen enthalten sind. Die äußerst schwierige und umfangreiche Arbeit des Wohnungsamts wird aber auch bei Durchführung von außerordentlichen Maßnahmen nur dann einen wesentlichen Erfolg und eine befriedigende Lösung erzielen, wenn alle beteiligten Dienstellen an dem gemeinsamen Ziel mitarbeiten und zu diesen Zweck ihre vollste Unterstützung leihen. In erster Linie gilt dies für die sorgfältige Erfüllung der vorgeschriebenen Meldepflichten der Eigentümer und Verwalter der Wohngebäude. Allen Gefolgschafsangehörigen muß von ihren Dienstellen immer wieder nahegelegt werden, ihre Ansprache auf Wohnraum dem unbedingt notwendigen Bedarf und der augenblicklichen Wohnmarktlage anzupassen. Es sind nicht nur Einzelfälle, die zum Vorwurf berechtigen, daß die Antragsteller oft nur in rücksichtsloser Durchsetzung ihrer eigenen Interessen handeln. Die Aufsichtsbehörden werden deshalb besonders gebeten, den Stadthauptmann in strenger Durchsetzung der durch die gegenwärtigen Verhältnisse bedingten Bewirtschaftung grundsätzlich zu unterstützen. Ebenso werden die Personalämter sämtlicher Dienstellen dringend gebeten, dem Wohnungsamt in allen Fällen der Entlassung von Gefolgschaftsmitglieder oder der Versetzung nach außerhalb Krakaus schriftlich Meldung zu erstatten. Ein Mustervordruck für die Meldung ist als Anlage 3 beigefügt.

l) Zwangsmaßnahmen bei Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen der Verordnung über das Wohnungswesen:

Soweit einzelne Wohnungsinhaber oder Vermieter glauben, sich auch künftig über die gesetzlichen Bestimmungen und die Bewirtschaftungsanordnungen des Wohnungsamtes hinwegsetzen zu können, wird nunmehr rücksichtslos in allen bekanntwerdenden Fällen mit der Durchführung von Zwagsmassnahmen auf Grund des § 10 a.a.O. und der Verhangung von Strafen auf Grund des § 11 a.a.O. eingeschritten werden. (“am angeführten Orte” oder “am angegebenen Orte”)

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Ich bin überzeugt, daß bei einem verständnisvollen Zusammenarbeiten aller beteiligten und interessierten Dienststellen sowie bei Durchführung der Sofortmaßnahmen eine Versorgung der Deutschen und der Polen mit geeigneten Wohnräumen für die nächsten Jahre gewährleistet werden kann.

Krakau, den 28. Oktober 1941

Der Stadthauptmann

R.Pavlu

Quelle – Das polnische Nationalarchiv in Krakau – SMKr 899

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